Ein seltener Grabfund bei Socherl
nächst Mißlitz
(Aus einer Zeitung - leider ist der Name nicht überliefert- Nr. 44 / 1937)
Der Landwirt J. Schöner aus Socherl war schon öfters beim
Pflügen auf seinem bereits auf Mißlitzer Gemeindegrund, Parzelle 1787,
gelegenen Acker an einer Stelle auf Gneis und Granitblöcke gestoßen, hatte diese
aber erst heuer einer größeren Betrachtung gewürdigt und schon beim Herausheben
der ersten Stücke zwischen diesen Scherben und Knochenbruchstücke angetroffen.
Die Stelle grenzt an den Acker Parzelle 1786 seines Nachbarn M. Toffel. Und
auch dieser fand dort beim Nachgraben vorgeschichtliches Material, darunter
namentlich eine 21 Zentimeter lange, schön patinierte Bronzenadel mit
Scheibenkopf. Herrn Konsistorialrat K. Czerny haben wir es zu verdanken, daß
die beiden Grundbesitzer von einem weiteren selbständigen „Schatzsuchen“ abließen, daß
der Unterzeichnete rasch herbeigerufen wurde und die Ausgrabung, an der sich
nebst den beiden genannten Besitzern besonders eifrig auch der Landwirt J.
Fischer beteiligte, sachgemäß durchgeführt werden konnte. Die Steinanhäufung
gehörte einem Grabe an, und zwar einem der in Mähren bisher noch nicht allzu häufig
angetroffenen, etwa in der Mitte des 2. Jahrtausends vor Chr. beginnenden
Danubisch-sudetischen Hügelgräberkultur.
Man hatte hier eine schmächtige Frau
von kaum 160 Zentimeter Größe mit stark abgekauten, aber bis auf die schon sehr
angegriffenen Weisheitszähne noch gut erhaltenem Gebiß begraben. Sie lag auf
der rechten Seite, mit etwas an den Leib angezogenen Knien, anscheinend also in
Schlafstellung, den Kopf im Westen, die Füße im Osten, und war auf flachen
Steinfliesen gebettet, die sich gegenwärtig in etwa 80 Tiefe befanden.
Beigegeben hatte man der Toten eine Anzahl von Tongefäßen und hatte rundherum
Steinplatten und Blöcke in Form einer
Ellipse von 2,5 Meter Länge und 1,4 Meter Breite aufgestellt und darüber eine
Art Gewölbe errichtet.. Das Steinmaterial ist in der Umgebung nicht anstehend
und mußte aus einer Entfernung von mindestens einer halben Meile
herbeigeschafft werden. Schließlich hatte man über die Steinsetzung einen
Erdhügel errichtet, aber nicht einen von der heute üblichen geringeren Größe,
sondern einen mehrere Meter langen, breiten und hohen. Wir kennen solche
merkwürdige Hügelgräber von 10 bis 20 Meter Länge und 3 bis 8 Meter Höhe
insbesondere aus Süd- und Westböhmen. Das waren die Pyramiden des Nordens.
Diese Hügel sind natürlich im Laufe der Zeit durch die Tätigkeit der
Regenwässer usw. immer niedriger und niedriger geworden und in Ackerbaugebieten
auch vollständig eingeebnet worden. Für die Erhaltung des Körpers der
Bestatteten war übrigens die Steinsetzung nicht besonders günstig. Die
umgebende Luft beförderte die Zersetzung und die später trotz der besten
Aufstellung stellenweise doch
herabsinkenden Steinblöcke taten dann ein übriges. Selbstverständlich füllten
sich sämtliche Hohlräume ziemlich bald auch mit einer schwarzen Schlammschichte
aus.
In dem untersuchten Steingrabe
scheint gerade der Schädel bis auf einige Unterkieferbruchstücke gänzlich
zerdrückt worden zu sein, und von der Wirbelsäule sowie von den Hand- und
Fußknöchelchen fand sich fast gar nichts mehr vor; das wenige doch erhalten
Gebliebene war ferner durch die Erdbewegung ganz sonderbar zerzogen. Zwei
einfache Fingerringe von 18 millimeter größtem Durchmesser z.B. wurden ziemlich
weit rechts vom Körper angetroffen. Sie waren aus einem etwa 8 Millimeter
breitem, in der Längsrichtung schwach kannelierten Bronzeblechstreifen
zusammengebogen, dessen gerade abgeschnittenen Enden nur wenig übereinander
lagen. Sehr gut erhalten waren die beiden Unterarme und auf jedem staken knapp
aneinandergelegt zwei offene, mit einer Mittelkante versehene, im
Querschnitt also flach dreieckige bronzene Ovalarmbänder, die sich von der
Mitte aus gegen die - wieder etwas verdickten – Enden verschmälerten und an der
Oberfläche mit Gruppen von sehr fein eingestanzten, quer und schräg verlaufenden
Rillen verziert waren. Die größten Innenmaße der vier Bänder – 58 und 52
Millimeter auf dem rechten, 52 und 50 Millimeter auf dem linken Arm- lassen die
Zartheit der beiden Frauenarme erkennen.
Von größtem Wert ist es, daß man
von den beigegebenen Gefäßen fünf noch so gut retten konnte, daß man sie wieder
völlig herstellen kann. Sie standen zu Füßen der Bestatteten, während in der
Nähe des Kopfes bloß Scherben verschiedener Art und mit sehr alten Brüchrändern
angetroffen wurden. Von diesen fünf durchweg schwärzlichgrau gefärbten Gefäßen
sind drei bauchig-urnenartig und mit einem hohn Hals versehen. Das größte von
24,5 Zentimeter Höhe und 27 Zentimeter Breite ist henkellos und am Halsgrunde mit – ursprünglich
wahrscheinlich vier – schmalen waagrechten Leistchen verziert, die beiden
kleineren, 16 und 11 Zentimeter hohen, 16,5 und 11,3 Zentimeter breiten,
besitzen je zwei einander gegenüberstehende Schnürösen und unterscheiden sich
von den ähnlichen Terrinenurnen der späteren Brandgräber ganz wesentlich durch
ihren hohen Fuß. Das größere dieser beiden Gefäße ist am Bauchgrunde mit fünf
Buckeln, das kleinere statt dessen mit einer waagrechten Bauchkante am
Halsgrunde mit zwei umlaufenden sowie an der einen Seite mit sieben, auf der
anderen Seite mit neun senkrechten Rillen versehen. Sehr eigenartig ist das
vierte Gefäß, eine große, flache einhenkelige Schüssel von 34 Zentimeter
Mündungsweite und 10 Zentimeter Höhe mit siebeneckigem, schräg nach innen
abfallendem und unten sich wieder aushöhlendem Rande; der Fuß ist deutlich
betont.
In der Schüssel lag ein kleines
einhenkeliges Schälchen von nur 7 Zentimeter Mündungsweite und 35 cm Höhe, das wegen
seines kugeligen Bodens nicht standhaft war und allem Anscheine nach als ein Schöpfgefäß, als eine Art Löffel
aufzufassen ist, mit welchem man aus der Schüssel irgend etwas flüssiges,
Milch, Kaffee, Suppe oder dergl. schöpfen und zum Mund führen konnte. In Schöllschitz
hatten wir vor kurzem zwei derartige Schöpfgefäßchen angetroffen; diese waren aber insofern
etwas vollkommener, als ihre Henkel so weit nach unten reichten, daß die Löffel ziemlich
standfest waren.
Die Unvollkommenheit des
Schöpfergefäßes und der Umstand, daß unter den Gefäßen und Scherben des Grabes
nichts auf das Vorhandensein der später in den Hinterlassenschaften der
Hügelgräberkultur so häufig anzutreffenden prächtigen Henkelkännchen hindeutet,
läßt darauf schließen, daß das Grab einer älteren Stufe dieser Kultur angehört.
Dafür spricht auch vieles andere. Für
die Wissenschaft ist daher dieser Fund besonders wichtig.
Karl
Schirmeisen
Den Zeitungsbericht (Original siehe Bild nebenan) hat Frau Schöner (geb. Sieher aus Damitz) aus
Socherl eingeschickt. Sie schrieb dazu folgendes:
Ich lege heute was bei, es ist nicht direkt von Damitz, aber
Kleinteich (Anm: Flurname) hat zur ganzen Gegend gehört. Dort hatten
wir auch ein Feld, was in dem Artikel beschrieben ist. Den
wichtigsten Brief finde ich nicht, dort stand aber, daß es ein
Keltengrab ist, 15 hundert Jahre vor Christi Geburt. Die Sachen,
die auf dem Bild zu sehen sind, liegen in Brünn im Landesmuseum unter
einer bestimmten Nummer.
Es wurde am Stefanstag 1935 ausgegraben. Es wurde auch eine Fibel
gefunden und bronzene Ringe, welche noch auf den Fingerknochen waren.
Die Töpfe waren ja noch voller Erde, diese ist erst bei uns ausgeleert worden. Es war nichts drinnen, die Töpfe sind aber zerfallen.
Der Professor schrieb später, daß er und seine Tochter 3 Wochen gebraucht haben, um die
Töpfe wieder zusammenzusetzen. Auch das kam ins Landesmuseum.
Wir haben ja nichts bekommen, aber mein Mann hat sich halt für die Sachen interessiert.
Unsere Gegend ist also schon sehr früh besiedelt gewesen. Leider kam denn der Krieg und so ist nicht weiter geforscht worden.